Eindrücke aus den Straßen Jerusalems
Schon am ersten Tag fiel es auf: Man hat das Gefühl, dass hier jeder - anders als bei uns in Deutschland - einer bestimmten Religion angehört, sich auch offen zu dieser bekennt und auch strikt alle Regeln einhält - so handelt man sich zum Beispiel schon mal einen nicht ganz freundlichen Blick von Muslimen ein, wenn man während dem Ramadan mit einer Falafel, sozusagen der Nationalspeise in Israel, über die Einkaufsstraße läuft.
Auch das öffentliche Bekennen hier ganz anders: Jede Religion hat einige Kleidungsmerkmale, sodass meist schon von weitem erkennbar ist, welcher Religion jemand angehört. Wer trägt bei uns zum Beispiel noch Kreuze als Halsketten? Ich würde behaupten nicht mal 1% aller Getauften. Hier ist das anders: Jeder hat ein religiöses Merkmal irgendwo, vom kleinen Goldkettchen mit einem Kreuz um den Hals bis zur koptisch-orthodoxen Kutte mit großem Umhängekreuz, von den Juden mit Kippa (kleine Gebetskäppchen) bis zu den ultraorthodoxen Juden mit komplett schwarzen Anzügen und schwarzen Hüten, meist kommt dazu noch ein schwarzer Mantel (bei ca. 30° C im Schatten!). Die vielen verschleierten Frauen mal ganz außen vor zu lassen. Man sieht auch oft Muslime mit ihren Gebetsteppichen durch die Straßen ziehen. Fünf mal am Tag schallen von allen Seiten verschiedene Stimmen von Muezzin (=Gebetsrufern) auf Minaretten, die gläubige Muslime zum Gebet ruft, was sich in europäischen Ohren eher nach einem verrückten Singsang anhört.

Man erlebt hier sehr viel und die Religionen werden sehr offen ausgelebt. Auffällig ist leider nur, dass die Gruppen sich selten bis nie untereinander mischen. So gibt es in der Altstadt ein Viertel für die Armenier, ein klar bestimmtes arabisches Viertel der Muslime, ein jüdisches Viertel und ein christliches Viertel. Außerhalb der Altstadt ist es genauso: Es gibt arabische Gebiete, wie zum Beispiel auf dem Ölberg, während direkt auf der anderen Straßenseite das israelische Gebiet beginnt, auf dem das Universitätsgelände untergebracht ist. Große Teile der Stadt sind komplett israelisch besiedelt und dürfen ohne ausdrückliche Genehmigung vom Staat Israel von Muslimen nicht einmal betreten werden.
Straßenseiten machen hier wirklich Welten aus: Normalerweise ist auf israelischem Boden die Deutsche Botschaft in Tel Aviv zuständig, nun wollte ich mich heute in eine Liste eintragen und ich schaute zur Sicherheit noch einmal nach, wo die zuständige Botschaft ist, und da die Erlöserkirche in Ost-Jerusalem ist, musste ich mich bei der Botschaft in Ramallah einschreiben. Nur ein paar Straßen weiter und wir hätten zur Botschaft in Tel-Aviv gehört.
So bin ich momentan wirklich noch völlig überwältigt von den schönen Gebäuden der Altstadt, den viele verschiedenen, interessanten Menschen auf den Straßen, meiner Volontärstelle, den vielen tollen Leuten die man kennenlernt und so weiter, man kann es gar nicht in Worte fassen, es ist einfach etwas ganz eigenes hier und einfach nur umwerfend!