Freitag, 3. September 2010
Der erste Tag im Heiligen Land
Um 22:25 Uhr am 31.08.2010 ging endlich der lang erwartete Flieger nach Tel Aviv. Nach einem ruhigen Flug waren wir dann um 5:00 Uhr nach ewig andauernden Passkontrollen am Flughafen endlich in Jerusalem angekommen. Doch natürlich war noch keiner von uns müde und erstmal mussten wir uns noch die Altstadt bei Nacht anschauen. Die ersten Muslime kamen schon von ihrem Morgengebet zurück, während wir durch die kleinen Irrgassen mit tausenden Metallverschlägen (hinter denen sich überall kleine Läden verstecken, wie wir im Laufe des Tages dann erkannten) streunten. Um kurz nach 6:00 Uhr waren wir dann endlich alle im Bett und konnten die laue Nacht wenigstens noch kurz genießen.
Felsendom am Fuße des Ölbergs
Der erste Tag
Morgens um halb Zehn schellte schon wieder der Wecker, denn wir waren kurz darauf schon mit dem Rektor des Österreichischen Hospizes verabredet, in dem wir ab jetzt täglich eine warme Mahlzeit bekommen. Dort lernten wir andere Freiwillige kennen, mit denen man sofort ins Gespräch kam und die allesamt sehr nett waren. Danach wurden wir der gesamten Hausmannschaft vom Facility Manager bis zum Bischof vorgestellt. Natürlich wurden auch schon wieder Probleme mit dem Visum bekannt, denn am Flughafen wurde unser - vom Innenministerium auf 3 Monate genehmigtes - Visum auf nur noch einen Monat Gültigkeit "heruntergestempelt". Nach einem kleinen Rundgang durch die wunderschöne Altstadt hatten wir noch etwas Zeit, uns einzurichten.
Kreuzgang der Erlöserkirche
Als krönenden Abschluss gingen wir zum Café Auguste Victoria zu einem gemeinsamen Essen vieler Volontäre. Nach einigem Feilschen mit den Taxifahrern um den Fahrpreis kamen wir letztlich um 5 Schekel, also etwas mehr wie einen Euro, zum Ölberg, auf dem das Café liegt. Als dort angekommen plötzlich Kanonenschüsse erklangen, wurde uns erklärt, dass das kein Grund zur Sorge sei, sondern nur zum Ramadan (=muslimische Fastenzeit) gehöre: Während dem Ramadan dürfen gläubige Muslime tagsüber nichts zu sich nehmen, kein Essen, kein Trinken, nicht rauchen und so weiter. Der Kanonenschuss bedeutet, dass der Tag vorbei ist und alle wieder essen und trinken können was sie wollen, eben bis zum nächsten Sonnenaufgang. Zum Ende wurde dann bekannt, dass auch eine Kooperationsgruppe Schauspieler vom Theater in Tel Aviv und vom Theater in Heidelberg auf dem Weg zu uns war, die gerade bei Nachforschungen für ein Theaterstück sind, das sich speziell mit Volontären im Heiligen Land - sowohl auf israelischer Seite, als auch auf palästinensischer - beschäftigen soll, die uns dringend interviewen wollten. Um kurz vor Zwölf kamen wir schließlich heim und fielen tot in unsere Betten.



Freiwilligendienst bei der Erlöserkirche in Jerusalem
Ich habe dieses Jahr mein Abitur beendet und werde am 01. September meinen Freiwilligen Ökumenischen Friedensdienst in der Erlöserkirche in der Altstadt von Jerusalem antreten und dort bis Ende August 2011 Volontärdienste mit vorwiegend technischem Schwerpunkt betreuen. Zu meinen Aufgabengebieten werden unter anderem Rezeptionsdienste und Hausmeistertätigkeiten, aber auch Andachten, Kindergottesdienste und die Öffentlichkeitsarbeit der Erlöserkirche gehören. Auch werde ich im Café Auguste Victoria mitarbeiten, einem kleinen Café, das vor einigen Jahren von mitausreisenden Ehefrauen, deren Männer in Israel Arbeit fanden, eröffnet wurde und dessen Erlös sozialen Projekten zugute kommt.
Situation in Israel
Immer wieder hört man in der Presse vom Nahost-Konflikt auf dem heutigen Staatsgebiet von Israel. Als seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert weltweit Juden mit Massenvertreibung und Pogromwellen aus ihrer ursprünglichen Heimat vertrieben wurden, sehnten sie sich nach einem Staat, in dem alle Juden zusammenwohnen können und Frieden herrscht. So siedelten sich viele in Palästina an und riefen dort auch 1948 Israel als eigenständigen Staat aus, woraus der erste Nahost-Krieg resultierte, als am Tag nach der Staatsgründung Israels alle umliegenden Länder Israel den Krieg erklärten. Dieser Konflikt dauert bis heute an, allerdings hat sich viel verändert: Das ehemalige Palästina gehört inzwischen größtenteils zum Staat Israel oder ist von der israelischen Armee besetzt. Ein neutraler Umgang miteinander ist bei diesem Hintergrund nicht denkbar: Palästinensische Einwohner müssen stundenlang in der prallen Sonne an Grenzübergängen auf Durchlass warten und haben - gerade in ländlichen Gebieten - eine schlechte Trinkwasserversorgung, um nur zwei Beispiele anzuführen.
Aufgabengebiet
Die Erlöserkirche versucht, genau hier anzusetzen: Sie bietet Gemeindeabende und andere Aktionen an, bei denen jegliche religiösen Gruppen und Völker, die in Israel aufeinandertreffen, eingeladen sind. Es wird versucht, die beiden Völker zur Kommunikation miteinander zu bewegen, auf dass sich irgendwann beide Nationen auf Augenhöhe gegenüberstehen. Gerade dieser Ansatzpunkt hat mich beeindruckt und neugierig gemacht, weshalb ich nun ein Jahr lang in die Ferne gehe, um für mehr Frieden zu werben.
Ich freue mich schon riesig auf das Jahr und hoffe, dort viel zu erleben und viele neue Kulturen kennenzulernen!
Unterstützerkreis
Es ist üblich, dass Volontäre der Evangelischen Kirche in Baden für ihre Auslandsjahre einen Unterstützerkreis aufbauen, um die Kosten, die für das Jahr anfallen, teilweise zu decken. Der Unterstützerkreis wird im Gegenzug über aktuelle Arbeiten und Projekte „seines“ Freiwilligen informiert.
Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen bisherigen und zukünftigen Unterstützern herzlich bedanken! Ohne Sie wäre ein derartiger Freiwilligendienst in dieser Form nie umsetzbar! Vielen Dank!